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Keine Weihnachtsgeschichte

Unser Teenclub hat sich gewünscht, dass es in diesem Jahr zur Weihnachtsfeier keine Weihnachtsgeschichte gibt.
Deshalb habe ich ihnen "Keine Weihnachtsgeschichte" geschrieben, und heute wurde sie "uraufgeführt".
Einfach die Zuhörer in Gruppen ("Hirten", "Stern" usw.) einteilen und immer, wenn der entsprechende Name in der Geschichte genannt wird, den entsprechenden Mini-Text sagen lassen. Eine ziemlich lustige Angelegenheit mit nachdenklichem Inhalt.
Viel Spaß beim gemeinsamen Lesen! 

Keine Weihnachtsgeschichte

Maria:        Nein.
Josef:        Das glaub ich nicht!
Engel:        Doch.
Stern:        Oh.
Hirten:       Bist du verrückt?
Könige:     Zu anstrengend!
Esel:        Ich hab kein´ Bock.
Kind:        Weil es Liebe ist.

Vor einiger Zeit - es ist vielleicht so zweitausendsiebenundzwanzig Jahre her -  beschloss Gott, seinen lang gehegten Plan endlich umzusetzen.
Er wollte seinen Sohn, Jesus Christus, auf die Erde schicken, damit der große, unfassbare Gott ein Gesicht bekam.
Er rief den Engel (“Doch!”), der zu seinen treusten Mitarbeitern gehörte, und gab ihm einen Job zu erledigen.
“Geh zu Maria (“Nein!”), du weißt schon, die Maria (“Nein!”) in Nazareth, und sag ihr, dass sie schwanger werden wird.”
Der Engel (“Doch.”) sah Gott verwundert an. 
“Die Maria (“Nein.”) aus Nazareth? Die ganz junge? Die mit diesem Josef (“Das glaub ich nicht”) befreundet ist?”
“Ja, zu dieser Maria (“Nein.”)”, antwortete Gott.
Der Engel (“Doch.”) runzelte die Stirn. “Aber wie soll die schwanger werden? Er wird doch nicht vor der Hochzeit übergriffig werden, dieser Josef (“Das glaub ich nicht!”)?” 
“Nein, nein”, gab Gott zurück. “Sie wird von meinem Heiligen Geist schwanger werden. Es soll schließlich mein Sohn sein, nicht der von Josef (“Das glaub ich nicht!”).
Der Engel (“Doch.”) war einverstanden. Hochmotiviert machte er sich auf den Weg zur Erde, zu Maria (“Nein!”) in Nazareth.
In voller Größe und Schönheit trat der Engel (“Doch”) vor Maria (Nein.”).
“Fürchte dich nicht!”, sagte der Engel (“Doch”).
Maria (“Nein”) starrte den Engel (“Doch”) entsetzt an.
Der Engel (“Doch”) sprach: “Maria (“Nein”), du wirst schwanger werden. Nicht von Josef (“Das glaub ich nicht!”), sondern von Gottes Heiligem Geist. Das Kind (“Weil es Liebe ist”) wird Gottes eigener Sohn sein. Bist du bereit, Maria (“Nein”)?”
“Nein!”, sagte Maria (“Nein”). “Auf keinen Fall! Ich bin viel zu jung für ein Kind (“Weil es Liebe ist”). Und überhaupt, wenn dann will ich ein Kind (“Weil es Liebe ist”) mit Josef (“Das glaub ich nicht!”).”
Der Engel (“Doch.”) wusste nicht, wie er damit umgehen sollte.
Gott hatte so einen guten Plan, und jetzt weigerte sich schon die erste Beteiligte, mitzumachen?
Da war es ja in der Vergangenheit einfacher gewesen, mit einem Esel (“Ich hab kein Bock”) zusammen zu arbeiten!
“Ok”, sagte der Engel (“Doch.”). Dann versuche ich es eben bei Josef (“Das glaub ich nicht!”).
Josef (“Das glaub ich nicht”) arbeitete gerade fleißig in seiner Werkstatt, als der Engel (“Doch”) eintrat.
“Keine Sorge, Josef (“Das glaub ich nicht!”) sagte der Engel (“Doch.”)
“Also, Folgendes. Deine Freundin Maria (“Nein”) weigert sich, ihren Part an Gottes voll gut geplanter Weihnachtsgeschichte mitzuspielen. Könntest du sie vielleicht umstimmen, Josef (“Das glaub ich nicht”)?”
Entmutigt kehrte der Engel (“Doch”) zurück in den Himmel.
Er hatte sich so auf die Sache mit Josef (“Das glaub ich nicht”), Maria (“Nein.”), dem Kind (“Weil es Liebe ist”), den Hirten (“Bist du verrückt?”) und dem Esel (“Kein Bock”) gefreut!
Sollte Weihnachten jetzt etwa niemals stattfinden?

Aber Gott hatte einen Plan B.
“Dann fange ich eben bei den Königen (“Zu anstrengend!”) an. Pass auf, ich organisiere einen speziellen Stern (“Oh.”). Dieser Stern (“Oh.”) wird schon mal die drei Könige (“Zu anstrengend”) auf den Plan rufen. Die Könige (“Zu anstrengend!”) werden dem Stern (“Oh.”) folgen. Die checken, dass er die Geburt eines besonderen Kindes (“Weil es Liebe ist”) anzeigen soll.  Vielleicht lässt Maria (“Nein.”) sich in der Zwischenzeit noch umstimmen.

“Und was ist mit den Hirten (“Bist du verrückt?”), wollte der Engel (“Doch”) wissen.
“Denen wolltest du doch das volle Showprogramm bieten, Engelchöre (“Doch), gute Nachricht und so weiter?”
“Ja, ja, jetzt warte mal ab. Das werden wir schon hinkriegen. Das Wichtigste ist erstmal das Kind (“Weil es Liebe ist”).”
“Aber Maria (“Nein”) wirkte ziemlich entschlossen”, gab der Engel (“Doch”) zu bedenken.
“Ich weiß”, seufzte Gott. “Die Menschen sind manchmal ziemlich eigenwillig.”

Unterdessen begann der Stern (“Oh”) am Himmel zu leuchten.
Die Könige (“Zu anstrengend.”) blickten hinaus in die Nacht.
“Wow, was für ein mega Stern! (“Oh”)!”, bemerkte Caspar.
“Da muss in Israel ein bedeutendes Kind (“Weil es Liebe ist”) zur Welt kommen, wenn ich das richtig interpretiere”, meinte Balthasar.
“Der Stern (“Oh”) bewegt sich!”, brüllte Melchior begeistert. 
“Wir sollten unsere Kamele beladen und ihm folgen!”
Die anderen beiden Könige (“Zu anstrengend”) sahen ihn tadelnd an.  
“Im Ernst? Du willst diesem blinkenden Sternchen nachlaufen?”, spotteten die Könige (“Zu anstrengend.”) Hast du eine Ahnung, wie weit es bis Israel ist?”
Also beschlossen die drei Könige (”Zu anstrengend”), dass es zu anstrengend sei, sich auf den Weg zu machen.
Sie setzten sich auf ihre orientalischen Sitzkissen, tranken Tee und rauchten eine Shisha.

Der Engel (“Doch”) konnte es nicht fassen.
“Was ist bloß mit den Menschen los?”, fragte er entgeistert. “Erst Maria (“Nein.”), dann Josef “(“Das glaub ich nicht”), und jetzt auch noch die Könige (“Zu anstrengend.”). Wissen die nicht, wie krass dieses Kind (“Weil es Liebe ist”) die Welt verändern würde?”
“Reg dich nicht auf”, sagte der Stern (“Oh”).
“Die Menschen haben einfach keine Ahnung, wie unfassbar gut Gott ist.”
 “Deshalb will er ihnen dieses Kind (“Weil es Liebe ist”) ja schicken!”, keuchte der Engel (“Doch”). “Damit sie in diesem Kind (“Weil es Liebe ist”) sehen können, wie extrem er sie liebt, und dass er mega Wunder tun kann, und sogar den Tod besiegen…”
“Jetzt chill mal”, sagte der Stern (“Oh”).
“Ich glaube, Gott will dich sprechen.”

“Plan C”, sagte Gott, als der Engel (“Doch”) bei ihm ankam.
“Wir testen jetzt erstmal, ob die Hirten (“Bist du verrückt?) bereit wären, die Sache zu glauben. Nicht, dass sie auch reagieren wie Josef (“Das glaub ich nicht.”)”
Nach kurzer Instruktion flog der Engel (“Doch”) in Richtung eines Feldes nahe Bethlehem.
Die Hirten (“Bist du verrückt?”) saßen am Feuer und zockten.
“Fürchtet euch nicht!”, sagte der Engel (“Doch”).
Die Hirten (“Bist du verrückt”) sprangen erschrocken auf. “Was ist das?”, flüsterte ein Hirte (“Bist du verrückt?”). “Doch nicht etwa ein Engel?” (“Doch)
“So Leute, jetzt mal Ruhe”; sagte der Engel (“Doch”). “Das hier ist ein Test. Maria (“Nein”) sollte theoretisch in etwa neun Monaten hier in der Nähe ein Kind (“Weil es Liebe ist”) bekommen. Dann käme ich zu euch Hirten (“Bist du verrückt?”) und würde euch die Gute Nachricht bringen. Würdet ihr glauben, dass Gott ein Kind (“Weil es Liebe ist”) auf die Welt schickt, das Liebe und Wahrheit bringt und Wunder tut, und dass ihr die ersten seid, die davon erfahren, ihr Hirten?” (“Bist du verrückt?”)
“Äh, nein, würden wir wahrscheinlich nicht”, antworteten die Hirten (“Bist du verrückt?”).
“Aber ihr müsstet dann eure Schafe hier stehen lassen und voller Begeisterung nach Bethlehem laufen und das Kind (“Weil es Liebe ist”) suchen, ihr Hirten! (“Bist du verrückt?”).”
“Bist du verrückt?”, fragte die Hirten (“Bist du verrückt?”). “Das wäre ja fahrlässig! Wer passt dann auf die Schafe auf?”
“Das könnte ich ja machen”, schlug der Engel (“Doch”) vor. “Oder der Stern (“Oh”). Aber die Hirten (“Bist du verrückt?”) schüttelten nur die Köpfe.

Völlig frustriert flog der Engel (“Doch”) zurück in den Himmel.
“So wird das nichts”, beklagte er sich bei Gott. Dieser hatte natürlich auch bemerkt, dass die Menschen sich allesamt wie störrische Esel (“Kein Bock”) verhielten.
Deshalb verwarf er seine Pläne A, B und C und beschloss, die Menschen in Ruhe zu lassen.
So kam es, dass das wunderbare Fest namens Weihnachten nie erfunden wurde. Coca Cola ging Pleite, weil es keinen Anlass gab, den Weihnachtsmann zu erfinden.
Statt sich zu beschenken zofften sich die Menschen auch ohne Anlass das ganze Jahr.
Und manchmal, wenn der Winter besonders weiß war und des nachts ein heller Stern (“Oh”) am Himmel stand, dann schauten Menschen wie Maria (“Nein”), Josef (“Das glaub ich nicht”), reiche Könige (“Zu anstrengend”), frierende Hirten (Bist du verrückt?”) und sogar die Tiere, wie die Esel (“Kein Bock”), hinauf in den Himmel und wünschten sich, Gott würde sich doch einmal blicken lassen.
Und wenn es nur auf ganz leise Weise wäre, zum Beispiel als kleines Kind (“Weil es Liebe ist”).

Das war für euch, ihr Lieben, keine Weihnachtsgeschichte.
Zum Glück ist die Sache in Wirklichkeit ganz anders verlaufen.
 






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